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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: 4 L 28/06
Rechtsgebiete: AbwAG, AG AbwAG
Vorschriften:
AbwAG § 9 I | |
AbwAG § 2 | |
AG AbwAG § 7 II 1 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS
Aktenz.: 4 L 28/06
Datum: 21.02.2006
Gründe:
Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; insbesondere hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der in § 2 der Satzung über die Abwälzung der Abwasserabgabe des Abwasserzweckverbandes "S..." vom 26. September 2000 bestimmte Kreis der Abgabepflichtigen nicht mit § 7 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Abwasserabgabengesetz - AG AbwAG - vom 25. Juni 1992 (LSA-GVBl., S. 580), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2005 (LSA-GVBl., S. 769), vereinbar ist, mit der Folge, dass es dem Beklagten an einer wirksamen Rechtsgrundlage zur Erhebung von Abwasserabgaben fehlt. Nach dieser Vorschrift wälzen die Gemeinden die gegen sie nach § 6 Abs. 1 an Stelle von Abwassereinleitern festzusetzende Abwasserabgabe auf die Abwassereinleiter ab. Wer Einleiter in diesem Sinne ist, bestimmt § 9 Abs. 1 des Abwasserabgabengesetzes - AbwAG -. Danach ist abgabepflichtig derjenige, der Abwasser einleitet. Einleiten im Sinne dieses Gesetzes ist wiederum das unmittelbare Verbringen des Abwassers in ein Gewässer (§ 2 Abs. 2 AbwAG). Abgabepflichtiger Einleiter i. S. des § 9 Abs. 1 AbwAG ist mithin der Anlagebetreiber und damit - ohne gewichtige Rücksicht auf die privatrechtliche Situation - grundsätzlich derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage besitzt und ausübt sowie in der Lage ist, auf das Einleiten aus ihr nach Menge und Beschaffenheit Einfluss zu nehmen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zweifelhaft, dass das Eigentum an einem Grundstück bzw. an der darauf befindlichen Abwasseranlage (hier Kleinkläranlage) für sich genommen nichts über die Person des Einleiters i. S. des § 9 Abs. 1 AbwAG aussagt. Die privatrechtliche Rechtmäßigkeit des die Sachherrschaft vermittelnden Besitzes stellt lediglich ein Indiz für die Möglichkeit der Ausübung von Herrschaftsrechten dar. Wesentlich ist die Sachherrschaft, die - wie auch der Beklagte erkannt hat -, nur "in der Regel", nicht aber generell mit dem Eigentum zusammenfällt (so Köhler/Meyer, Kommentar zum Abwasserabgabengesetz, 2. Aufl., § 9 RdNr. 14 m. w. N.; Nisipeanu, Abwasserabgabenrecht, S. 37; OVG LSA, Beschl. v. 1. Februar 2001 - B 3 S 342/99 -; in diesem Sinne auch OVG NW, Urt. v. 8. August 1984 - 2 A 2133/83 -, NVwZ 1985, 778). Knüpft aber die Abwasserabgabepflicht gemäß § 9 Abs. 1 AbwAG an die tatsächliche Sachherrschaft über eine (konkrete) Abwasserentsorgungsanlage an, reicht es nicht aus, wenn in der Abwasserabgabensatzung der Kreis der Abgabepflichtigen auf die Grundstückseigentümer beschränkt bleibt und nicht auf den unmittelbaren Einleiter abgestellt wird. Anderenfalls würde der von § 9 Abs. 1 AbwAG verfolgte Zweck, durch die Erhebung einer Abwasserabgabe einen Anreiz zur Schadstofffrachtminimierung zu geben, verfehlt, denn nur der unmittelbare Einleiter vermag auch Einfluss auf die Qualität und die Beschaffenheit des Abwassers zu nehmen, während der Grundstückseigentümer bei mangelnder Sachherrschaft diesen Einfluss gerade nicht ausüben kann.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich aus der in § 7 Abs. 2 Satz 2 AG AbwAG geregelten Verweisung auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt nichts Anderes; denn diese Regelung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 Satz 1 AG AbwAG, wonach die Gemeinden die Abwasserabgabe auf die "Abwassereinleiter" abwälzen. Der Landesgesetzgeber hat sich also im Rahmen des ihm gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 AbwAG zustehenden Regelungsumfangs ausdrücklich dafür entschieden, ein Abwälzen der Abwasserabgabe auf den Abwassereinleiter zu ermöglichen, so dass gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AG AbwAG auch "hierzu", d. h. in Ausfüllung der gesetzlichen Vorgaben in Satz 1, eine dem Kommunalabgabengesetz entsprechende Satzung zu erlassen ist. Eine ergänzende Anwendung des § 5 Abs. 5 Satz 1 KAG-LSA, wonach die Satzung u. a. auch die Eigentümer als Gebührenschuldner bestimmen kann, scheidet damit von vornherein aus. Dieser Auffassung steht auch die von dem Beklagten zitierte Entscheidung des BayVGH (Urt. v. 10. September 1993 - 23 N 90.2747 -, NVwZ-RR 1994, 353 ff.) nicht entgegen; denn der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in dieser Entscheidung entsprechend dem im Normenkontrollverfahren gestellten Antrag ausschließlich mit dem Einwohnermaßstab bei einer Satzung für die Erhebung einer Kommunalabgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe für Kleineinleiter zu beschäftigen, nicht aber mit der Frage, ob § 4 der streitigen Satzung, der die Abgabepflicht des Eigentümers regelt, ebenfalls ungültig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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